Zwar nicht ganz so wie Doc und Marty aus „Zurück in die Zukunft“, aber mit Hilfe der faszinierenden Fähigkeiten des Gehirns können wir tatsächlich in unterschiedliche Zeitebenen „reisen“. Unsere eigenen Erfahrungen generieren neue Gedächtnisinhalte und unser Denken ordnet die Situationen ein und bewertet sie. Vergangenheit wird mit Gegenwart und Zukunft verknüpft und neue Schlussfolgerungen entstehen. Dieser Vorgang wird auch als „kognitives Lernen“ bezeichnet.
Im beruflichen Umfeld nutzen wir Review-Meetings, um das Lernen aus Erfahrungen im Team zu organisieren. Richtig eingesetzt, sind Reviews ein unglaublich effektives Instrument. Aber in der Praxis scheitern sie häufig an der Umsetzung. Wenn sich das Team konkret zu einem Review treffen soll, fehlt oft die Zeit: „Ich muss mich jetzt um was ganz Dringendes kümmern. Lass uns das auf nächste Woche schieben.“ Hat man schließlich alle Kollegen beisammen, startet man hektisch und unvorbereitet. Dann wird es schnell eintönig und langweilig, weil immer wieder das Gleiche diskutiert wird und nichts vorangeht.
Ein Jammer, wenn man bedenkt, dass man mit wenig Aufwand so viel mehr herausholen kann. Hier haben wir ein paar Anregungen zusammengestellt, die Dir helfen, richtig wirkungsvolle Reviews mit Deinem Team zu gestalten.
Unser Gehirn beherrscht im Wesentlichen zwei unterschiedliche Arbeitsmodi. Einerseits sind wir in der Lage, unsere Sinneswahrnehmungen schnell zu beurteilen z. B. gut/schlecht, Freund/Feind, Sicherheit/Gefahr. Das ist in Extremsituationen „lebensrettend“, aber nicht sonderlich differenziert und es erlaubt uns nur bekannte Handlungsmuster z. B. Flucht/Angriff.
Für tiefere Erkenntnisse oder neuartige Problemlösungen müssen wir einen kognitiven Prozess durchlaufen, in dem das Gehirn langsamer arbeitet, Dinge ausprobiert, verwirft, neu vernetzt. Das ist der Modus, den wir für gute Reviews brauchen.
Der normale Arbeitsalltag ist meistens hektisch und lässt wenig Raum für den „langsamen Modus“. Aber Organisationen arbeiten oft in Zyklen, seien es Sprints, Monate, Quartale oder Projektphasen. Das kannst Du nutzen, um das Lernen zu einem integralen Bestandteil Deines Prozesses zu machen. Reserviere in jedem Zyklus ein Zeitfenster für den Review. Sorge außerdem dafür, dass dem Team die nötige „Kopffreiheit“ zu Verfügung steht. Das heißt, nutze den Review, um einmal kurz innezuhalten und die Dinge mit etwas Abstand zu betrachten – idealerweise auch mit räumlichem Abstand. Verschiebungen oder Unterbrechungen durch das Tagegeschäft solltest Du vermeiden so gut es geht.
Beim Review geht es nicht nur darum irgendwelche Erkenntnisse zutage zu fördern, sondern Veränderungspotenziale, die uns als Menschen hilfreich und für unsere Organisationen nützlich sind. Um sie identifizieren zu können, müssen wir zunächst wissen, wo wir aktuell stehen.
Im Review präsentieren wir die gegenwärtigen Ergebnisse unserer Arbeit. Für eine gute Positionsbestimmung ist es wichtig, dass wir die tatsächlichen Ergebnisse sehen können. Das heißt, eine Demo sollte auf jeden Fall gut vorbereitet sein, damit auch wirklich rüberkommt, was das Team erreicht hat. Erfolge sollten selbstverständlich gefeiert werden. Aber wir dürfen auch kritisch hinterfragen, ob wir das erreicht haben, was wir uns vorgenommen haben. Idealerweise gibt es für die Beurteilung bereits vorab definierte Zielerreichungskriterien.
„WIE“ wir zum Ergebnis gekommen sind, ist uns dabei genauso wichtig, wie das „WAS“ wir erreicht haben. Wir erfassen alle relevanten Punkte, die mit unseren Arbeitsweisen und dem zwischenmenschlichen Umgang zu tun haben, weil sie uns nützliche Entwicklungsperspektiven aufzeigen können.
In der Diskussion mit dem Team wenden wir uns mehr und mehr der Zukunft zu und konstruieren gemeinsam eine Entwicklungsrichtung. Wir unterstützen die Review-Teilnehmer, Ansatzpunkte zu identifizieren, die sie tatsächlich gemeinsam verändern können.
Häufig beginnt das Team, sich mit Ursachen von Problemen zu befassen (vergangenheits- und defizitorientiert). Aber die Diskussion kann schnell in Richtung Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen kippen. Deshalb versuchen wir frühzeitig in hilfreichere Regionen zu steuern. Zum Beispiel ausgehend vom Problem: Was können wir in Zukunft besser machen? (zukunfts- und defizitorientiert) Oder mit Blick auf die Vergangenheit: Was hat sich bewährt? Was sollten wir noch mehr tun? (vergangenheits- und ressourcenorientiert). Bis wir schließlich in völlig neue Bereiche vorstoßen: Gibt es Fähigkeiten, die wir noch nie genutzt haben? Lösungen, die wir noch nie ausprobiert haben? (zukunfts- und ressourcenorientiert)
Es ist ganz entscheidend, dass der Review nicht damit endet, dass Dein Team seine Entwicklungspotenziale erkannt hat – auch wenn sich das erstmal gut anfühlt. Schon im Review-Workshop sollten die ersten Schritte in Richtung Umsetzung getan werden. Wenn es mehr Ideen gibt, als umgesetzt werden können, priorisieren wir sie gemeinsam mit dem Team. Sind die Maßnahmen zu groß oder haben sie zu viele Abhängigkeiten außerhalb des Teams, schneiden wir sie in kleinere, kontrollierbare Teile, und schließlich werden die Umsetzungsaufgaben im Team verteilt.
Wir setzen in unserem Team-Entwicklungsprogramm auf eine iterative Vorgehensweise. Das heißt die Erkenntnisse aus dem jetzigen Zyklus gehen als Aufgaben direkt in den nächsten Zyklus über. Auch der nächste Review ist schon eingeplant, um den Fortschritt zu überprüfen. So entsteht ein Flow, bei dem das Team an seinen Aufgaben wächst.
Offen mit eigenen Fehlern umzugehen, ehrliches Feedback zu geben und sich wirklich für die Belange der Kollegen zu interessieren, das hängt sehr stark davon ab, wie sicher sich die Mitglieder Deines Teams fühlen. In den Workshops, die wir leiten, wollen wir diese Offenheit, weil wir davon überzeugt sind, dass wir nur dadurch einen nachhaltigen Erfolg mit dem Review erzielen können. Durch unser eigenes Verhalten schaffen wir einen sicheren Rahmen. Wir zeigen Dankbarkeit und Wertschätzung gegenüber Kollegen, die sich aus der Deckung wagen. Wir üben gegenseitig Kritik und akzeptieren sie, ohne uns zu rechtfertigen. In Diskussionen greifen wir Punkte unserer Kollegen auf und entwickeln sie gemeinsam weiter. Das geschieht mühelos und auf authentische Art und Weise, wenn wir dem Team vertrauen. Das wiederum ist eine innere Haltung, die wir selbst in der Hand haben.
Trotz aller Offenheit und Kritikfähigkeit kann es vor allem bei gut eingespielten Teams zu einer Selbstbestätigungsspirale kommen. Bestimmte Aspekte, die vielleicht das idealistische Selbstbild des Teams stören, werden systematisch ausgeblendet oder totgeschwiegen. Wenn wir Reviews moderieren, versuchen wir immer, eine gewisse Außenperspektive beizubehalten. Wir achten auch auf unser Bauchgefühl und auf non-verbale Signale der Teilnehmer. Wenn uns etwas komisch vorkommt, sprechen wir es an: „Was ich mich schon die ganze Zeit frage…“ Manchmal gibt das den entscheidenden Impuls für den nächsten Entwicklungsschritt des Teams.
Teamentwicklung ist kein Einmal-Event. Bei uns ist der Review ein fester Bestandteil und der letzte von 5 Schritten des Team-Entwicklungsprogramms Collaboration Sprint. Der allererste Schritt ist die Definition eines kooperativen Teamziels. Anschließend arbeitet das Team über mehrere Wochen hinweg gemeinsam auf dieses Ziel hin. Wir begleiten das Team durch eine Abfolge zielgerichteter Events und schließen den Kreis mit einem Review. Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, lies diesen Artikel.
Bei Interesse am Collaboration Sprint oder sonstigen Fragen zum Thema Team-Entwicklung kontaktiere uns gerne unter info@potenzial-werkstatt.de.